Franz Schubert - Kosegarten cycle


13. Das Abendrot, D.236

Ida:

Der Abend blüht, der Westen glüht !
Wo bist du holdes Licht entglommen,
Aus welchem Stern herabgekommen ?

Luisa:

Es malt der Strahl das liebe Thal,
Das sie bewohnt, der Holden Holde,
Mit Rosengluth und mattem Golde.

Wilhelm:

Von ihr ein Blick, ein trater Nick,
Durchzuckt elektrisch Mark und Leben
Und macht den feinsten Nerv erbeben.

Ida:

Ein lichter Brand flammt See und Land,
Es lodern in dem rothen Scheine
Die Fluren rings und rings die Haine.

Luisa:

Geuss Hesperus mit leisem Gruss
Auf sie, den Inhalt meiner Lieder,
Die schönsten deiner Rosen nieder.

Wilhelm:

Drum Hesperus beut Gruss und Kuss
Der Herrlichen, der Tadellosen,
Und opfr' ihr deine schönsten Rosen.

Ida:

Wie sieht so hehr das dünstre Meer,
Die Welle tanzt des Glanzes trunken,
Und sprüht lusttaumelnd Feuerfunken.

Luisa:

Viel schöner blüht, viel wärmer glüht
Die blasse Rose ihrer Wangen,
Und weckt in brünstiges Verlangen.

Wilhelm:

Bewunderung und Huldigung
Heischt nur das Schön', das ewig lebet,
weil Huld und Heiligkeit es hebet.


Updated: 17 December 1999 Kosegarten