Franz Schubert - Kosegarten cycle


12. Abends unter der Linde, D.237

Wilhelm:

Woher, o namenloses Sehnen,
Das den beklemmten Busen presst ?
Woher, ihr bittersüssen Tränen,
Die ihr das Auge dämmernd nässt ?
O Abendrot, o Mondenblitz,
Flimmt blasser um den Lindensitz.

Es säuselt in dem Laub der Linde;
Es flüstert im Akazienstrauch.
Mir schmeichelt süss, mir schmeichelt linde
Des grauen Abends lauer Hauch.
Es spricht um mich, wie Geistergruss;
Es weht mich an, wie Engelkuss.

Es glänzt, es glänzt im Nachtgefilde.
Der Linde grauer Scheitel bebt -
Verklärte himmlische Gebilde,
Seid ihr es, die ihr mich umschwebt ?
Ich fühle eures Atems Kuss,
O Julie, o Emilius !

Bleibt Sel'ge, bleibt in eurem Eden !
Des Lebens Hauch bläst schwer und schwül
Durch stumme leichenvolle Oden.
Elysium ist mild und kühl.
Elysium ist wonnevoll -
Fahrt wohl, ihr Trauten ! fahret wohl !


Updated: 17 December 1999 Kosegarten