Wilhelm: Ich hab' ein Mädchen funden,
Sanft, edel, deutsch und gut,
Ihr blick ist mild und glänzend,
Wie Abendsonnenglut,
Ihr Haar wie Sommerweben,
Ihr Auge veilchenblau;
Dem Rosenkelch der Lippen
Entquillt Gesang wie Tau.
Ihr Bau ist hoch und herrlich.
Ihr Wuchs wie tief im Hain
Der Birke schlanke Schönheit,
Ihr Busen schwanenrein.
Im hohen Schwanenbusen
Klopft ihr ein edel Herz,
Das kennt nicht Zwang noch Launen,
Nicht freche Lust noch Schmerz.
In Dustra's grüner Wildniss,
Am klaren Rinval-Fluss,
Wallt einsam und verloren
Des holden Mädchen Fuss.
Sie schwebt dahin. Ein Kränzchen
Schmückt ihr das Haar. Es schmückt
Ein Strauss den hohen Busen,
Den sie im Thau gepflückt.
Das Mädchen hab' ich funden.
Im keuschen Frühgewand
Ging sie im Duft der Frühe
An Rinvals Blumenrand.
Ein leises Lüftchen ringelt'
Ihr wellenströmend Haar,
Und durch die Erlen hallte
Ihr Liedchen süss und klar.
Ich lag in Kleegedüften
Am blaubeblümten Bach;
Ich bebt' empor, und schaute
Dem edlen Mädchen nach.
Verzeuch, verzeuch, du Holde!
Dein Blick ist lieb und gut.
Auch ich bin deutsch und edel,
Ein Jüngling fromm und gut.
Sie wandte sich, sie säumte,
Sie winkte freundlich mir;
Froh ihres Blicks und Winkes,
Flog ich entzückt zu ihr.
Erhaben stand und heilig
Vor mir das hohe Weib.
Ich aber schlang vertraulich
Den Arm um ihren Leib.
Ich hab' das edle Mädchen
An meiner Hand geführt,
Ich bin mit ihr am Staden
Des Bach's hinabspaziert.
Ich hab' sie liebgewonnen,
Ich weiss, sie ist mir gut,
Drum sei mein Lied ihr eigen,
Ihr eigen Gut und Blut. |