Franz Schubert - Kosegarten cycle


1. Huldigung, D.240

Wilhelm:

Ganz verloren, ganz versunken
In dein Anschaun, Lieblingin,
Wonnebebend, liebetrunken,
Schwingt zu dir der Geist sich hin.
Nichts vermag ich zu beginnen,
Nichts zu denken, dichten, sinnen.
Nichts ist, was das Herz mir füllt,
Huldin, als dein holdes Bild.

Süsse, Reine, Makellose,
Edle, Theure, Treffliche,
Ungeschminkte rothe Rose,
Unversehrte Lilie,
Anmuthreiche Anemone,
Aller Schönen Preis und Krone,
Weisst du auch Gebieterin,
Wie ich ganz dein eigen bin ?

Könnt' ich, ach, dich nur umschmiegen
Einen langen Sommertag;
Dir am offnen Busen liegen,
Lauschend deines Herzens Schlag !
Könnt 'ich, ach, dich nur umflechten
In den längsten Winternächten
Eingewiegt in seidnen Traum
Auf des Busens Schwanenflaum.

Sollte Dunkel den umweben,
Dem Elwinens Auge glänzt ?
Sollt' ich vor der Urne beben,
Die Elwina weinend kränzt ?
Sollt' ich nicht, du kühle Kammer,
In dir schlummern sonder Jammer ?
Horch! Elwina wehmuthvoll
Seufzt: mein Liebling, schlummre wohl !

Und wie bald ist nicht verschwunden
Jenes Schlummers kurze Nacht !
Horch, es jubelt: Überwunden !
Schau, der ew'ge Tag erwacht !
Dann du Theure, dann du Eine,
Bist du ganz und ewig Meine !
Trennung ist das Loos der Zeit !
Ewig einigt Ewigkeit !


Updated: 17 December 1999 Kosegarten